Für ein buntes und vielfältiges Leonhardsviertel


Antrag und Anfrage vom 07.06.2022

Seit Jahren wird über die Zukunft des Leonhardsviertels diskutiert. Zuletzt wurde von der Fachverwaltung eine Beschlussfassung zu einem neuen Bebauungsplan für einen kleinen Teil des Leonhardsviertels vorgestellt, die eine Veränderung mit dem Schwerpunkt Wohnnutzung vorsieht und auf eine Neuregelung der dortigen aktuellen anderen Nutzungen abzielt. Nach Vorstellung der Verwaltung ist aus der Vorlage (GRDrs 840/2021) zu entnehmen, dass es ein Verbot von Vergnügungsstätten wie Bordellen, bordellartigen Betrieben und Wettbüros im Bereich geben soll. Im weitaus größeren Teil des Leonhardsviertels ist dies bereits bisher verboten.

Da es zu dieser Änderung sehr unterschiedliche Meinungen gibt, wurde auf Wunsch des Bezirksbeirats Mitte zu diesem Thema ein „runder Tisch“ mit Anwohnerinnen und Anwohnern, Gewerbetreibenden, Verwaltung, Politik und sozialen Einrichtungen einberufen.

Dabei wurde mit großer Mehrheit nochmals zum Ausdruck gebracht, dass sich die Bewohnerinnen und Bewohner sowie Anlieger des Viertels gegen ein reines Wohnquartier aussprechen, sondern gerade für eine Zukunft mit „Rotlicht“ im heutigen Umfang und mit Vergnügungseinrichtungen. Eine große Anzahl der Bürgerinnen und Bürger befürchtet sonst eine Gentrifizierung des Viertels und eine Verdrängung der bisherigen Mieter in deren Wohnungen mit eher niederen Mieten. Ebenso gibt es allerdings auch große Bedenken gegen die Zulassung und Ausweitung von Clubs und Bars.

Mit diesem interfraktionellen Antrag wollen wir klar zum Ausdruck bringen, dass wir den von der Verwaltung bisher vorgeschlagenen Veränderungen in der Nutzungsmischung des Leonhardsviertels nicht zustimmen wollen, da noch großer Klärungsbedarf besteht. Wir sind uns einig, dass keine weiteren Bordellbetriebe hinzukommen dürfen. In der jetzigen Struktur gibt es jedoch nach Auskunft des Gesundheitsamtes eine bessere Erreichbarkeit der Prostituierten und einen deutlich besseren Zugang zu Hilfestrukturen.

Gerade die sozialen Beratungseinrichtungen für Prostituierte haben intensiv darauf hingewiesen, dass eine erfolgreiche Betreuung am besten bei einer gewissen Zentralisierung im Leonhardsviertel umgesetzt werden kann. Bevor solche Strukturen zerstört werden und es unter Umständen zu einer Verlagerung in die Illegalität und in die Stadtbezirke kommt, wollen wir verschiedene Aspekte eines möglichen Verbotes abklären. Zudem appellieren wir für ein weiteres Beteiligungsverfahren, das die Interessen aller Anwohnerinnen und Anwohner sowie Anlieger besser berücksichtigt.

Darüber hinaus ergeben sich für uns auf dem Weg zu einer Entscheidung noch Fragen an die Stadtverwaltung, um deren Beantwortung wir hiermit bitten.

  1. Wie würde es sich darstellen, wenn es für dieses Gebiet gar keine Bebauungsplanänderung geben würde und der Status quo fortbestehen würde?
  2. Wie viele Gebäude gibt es im Planungsgebiet insgesamt? Wie viele davon sind im Besitz der Stadt, der SWSG oder in Besitz von Eigentümern, von denen man ausgehen kann, dass sie keine Prostitution in ihrer Liegenschaft ermöglichen werden (z. B. Verschönerungsverein)?
  3. Bei wie vielen Gebäuden gibt es einen Grundbucheintrag, der eine Nutzung zur Prostitution untersagt? Wie sind diese Gebäude auf die Kategorien aus der Frage 2 verteilt?
  4. Aufgrund welcher Rechtsgrundlage vermutet die Verwaltung, dass durch eine Bebauungsplanänderung diese Grundbucheinträge entfallen müssten? Hat die Stadtverwaltung hierzu eine externe Rechtsberatung beauftragt? Falls ja, bitten wir um die Ergebnisse dieses Gutachtens. Falls nein, empfehlen wir der Verwaltung, eine solche Expertise zu dieser Frage einzuholen.
  5. Welche Möglichkeiten gibt es darüber hinaus, die Anzahl der Prostitutionsbetriebe im Gebiet zu begrenzen? Wir bitten die Verwaltung hier um lösungsorientierte Vorschläge im Sinne unserer Zielsetzung.