Umgang mit E-Scootern und E-Rollern in Stuttgart sicher und fair gestalten!


Antrag und Anfrage vom 02.06.2021

Seit bald zwei Jahren gehören die sogenannten E-Scooter (Elektrotretroller) zum Straßenbild in unserer Stadt. Es hat sich gezeigt, dass einige Nutzer dieser E-Scooter und anderer Kleinfahrzeuge (zum Beispiel die größeren E-Roller) einen für andere Verkehrsteilnehmer gefährlichen Fahrstil an den Tag legen und die Fahrzeuge im öffentlichen Raum rücksichtslos abstellen oder ablegen. Aus eigenem Erleben und aus Erfahrungs- und Presseberichten wissen wir, dass durch dieses Verhalten insbesondere behinderte, blinde, sehbehinderte und andere mobilitätseingeschränkte Menschen beeinträchtigt und gefährdet werden. Gegenstände, die auf Bürgersteigen, auf Treppenanlagen, auf Blindenleitlinien oder im Bereich von Ampelanlagen und Fußgängerüberwegen achtlos abgestellt werden, stellen für diesen Personenkreis Hürden und Gefahren dar. Deshalb haben Betroffene bereits am 02.12.2019 in einer Sitzung des Beirats für Menschen mit Behinderung ihre Erfahrungen geschildert und Bedenken geäußert.

Ein weiterer Personenkreis, für den achtlos abgestellte E-Scooter und E-Roller oft ein unüberwindbares Hindernis darstellen, sind (Groß-)Eltern mit Kinderwagen. Wenn die Elektrokleinfahrzeuge auf schmalen Gehwegen oder an Engstellen (zum Beispiel im Bereich von Sperr- oder Schilderpfosten) abgestellt sind, ist es mit einem Kinderwagen kaum möglich, daran vorbeizukommen. Da die Fahrzeuge zudem ein hohes Gewicht haben und sich durch blockierte Räder nicht einfach schieben lassen, entfällt die Option, das Fahrzeug zur Seite zu stellen oder wegzuschieben.

Ein Unfall, der sich im vergangenen Jahr in Bremen ereignete, zeigt exemplarisch, welche Gefahr von rücksichtslos abgestellten oder abgelegten E-Scootern ausgeht. Dort verletzte sich ein blinder Mann bei einem Unfall mit E-Scootern schwer. Der 50-jährige war mit seinem Blindenstock auf dem Weg zur Arbeit, als er über zwei Elektrotretroller stürzte, die auf dem Gehweg lagen. Er brach sich den Oberschenkelhals, musste operiert werden und fiel bis zum Ende seiner Reha rund drei Monate lang aus. Als er Anzeige erstatten wollte, wurde er zunächst als Unfallverursacher behandelt, der eine Ordnungswidrigkeit begangen haben und für eventuelle Schäden an den Elektrotretrollern aufkommen sollte.

Es ist auch in Stuttgart unerlässlich, solche Gefahrenquellen zu vermeiden und bei den Nutzern für Information und Rücksichtnahme zu sorgen. Deshalb begrüßen wir, dass Stadt und Land bereits im letzten Sommer eine Präventions-Kampagne durchgeführt haben. Wir meinen aber, dass dies nicht ausreicht. Es braucht geeignete Abstellflächen und konsequente Kontrollen, damit sich alle Verkehrsteilnehmer sicher in Stuttgart bewegen können. In Skandinavien gibt es E-Scooter-Parkstationen. Bei Großveranstaltungen in Deutschland sind bereits Zonen für das Abstellen von E-Scootern eingerichtet worden - wenn die E-Scooter nicht in den vorgesehenen Zonen abgestellt werden, laufen die Kosten weiter. Bestimmte Gebiete, wie denkmalgeschützte Bereiche oder Orte, an denen die Verkehrssicherheit besonders gefährdet ist, können von den Fahrzeugen freigehalten werden, indem der Leihvorgang dort nicht beendet werden kann. Eine Möglichkeit kann auch sein, Nutzer dafür zu belohnen, sich um ein umfeldgerechtes Abstellen der E-Scooter und E-Roller zu bemühen. Ziel muss sein, wildes Parken und rücksichtsloses Fahren zu verhindern.

Aktuell führt das Institut für Verkehrsforschung am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) im Rahmen des Forschungsprojekts "Mikromobilität auf Geh- und Radwegen – Nutzungskonflikte und verkehrliche Wirkungen (MMoNK)" eine Befragung mit dem Titel "Elektro-Tretroller im Straßenverkehr – Nutzung, Potentiale und Zusammenwirken mit dem Fuß- und Radverkehr" durch - siehe: https://survey.lamapoll.de/MMoNK_E-Tretroller/ . Die Ergebnisse dieses vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) geförderten Forschungsprojekts sollen in Empfehlungen zu einem geeigneten Umgang der Städte mit Elektrotretrollern münden.

Wir fragen:

  1. Kommen die in Stuttgart tätigen Verleihfirmen ihrer Selbstverpflichtung zuverlässig nach, die E-Scooter (und E-Roller) am Abend einzusammeln und in den dafür vorgesehenen Standorten aufzuräumen?
  2. Wie oft wurden seit Zulassung der E-Scooter in Stuttgart Strafgebühren wegen verkehrswidrigen Fahrens oder Abstellens fällig und Verfahren durchgezogen? Wie stellt sich die Situation bei den E-Rollern dar?
  3. Welche Maßnahmen wurden in Stuttgart bisher durchgeführt, um die größtmögliche Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer zu gewährleisten? Kommt die Einführung von E-Scooter- und E-Roller-Parkplätzen in Frage?
  4. Welche Gebiete eignen sich, um E-Scooter fernzuhalten?
  5. Wurde in Stuttgart bereits getestet, wie sich das Nutzerverhalten ändert, wenn die Zeitund Kostenuhr bei nicht ordnungsgemäßem Abstellen weiterläuft?

Wir beantragen:

  1. Die Stadtverwaltung stellt sicher, dass die Verkehrssicherheit für behinderte, mobilitätseingeschränkte und schwächere Verkehrsteilnehmer durch konkrete Maßnahmen gewährleistet wird.
  2. Die Stadtverwaltung prüft, welche Maßnahmen sich dazu eignen.
  3. Die Stadtverwaltung bemüht sich um die Ergebnisse und Empfehlungen des oben genannten Forschungsprojekts.
  4. Die Stadtverwaltung berichtet im Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik und im Beirat für Menschen mit Behinderung.